Resilienz entsteht nie isoliert: Individuum, Beziehungen und Gesellschaft im Zusammenspiel (Dr. Donya Gilan)

Shownotes

„Stress ist wichtig für unsere Entwicklung und echte Resilienz heißt nicht, alles auszuhalten, sondern die eigenen Grenzen zu kennen.“ – Dr. Donya Gilan ist Gründerin des Instituts NOEMA, Resilienzbotschafterin und arbeitete viele Jahre am Leibniz-Institut für Resilienzforschung. Ihre Arbeit zeigt, warum Menschen so unterschiedlich auf Belastungen reagieren und wie sich Erkenntnisse aus der Wissenschaft in klare Strategien für Alltag, Organisationen und gesellschaftliche Strukturen übersetzen lassen.

In dieser Folge PARACELSUS LAB spricht Podcast-Host Matthias Baum mit Dr. Donya Gilan über Resilienz als fortlaufenden Prozess, der sich unter Stress formt. Wichtig dafür: Anpassungsfähigkeit, kognitive Flexibilität und Selbstwirksamkeit. Die beiden beleuchten, warum kleine positive Momente im Alltag stabilisieren, wie Bewertungen Krisen verschärfen oder entschärfen können und weshalb soziale Unterstützung zu den zentralen Schutzfaktoren für psychische Widerstandskraft zählt. Deutlich wird, dass Resilienz nie nur individuell entsteht. Auch Umweltfaktoren, wie politische Kommunikation, gesellschaftliche Spaltung oder Einsamkeit beeinflussen, wie Menschen Belastungen verarbeiten und wo ihre seelische Belastungsgrenze liegt. Gleichzeitig zeigen Beispiele aus Forschung und Praxis, wie Zugehörigkeit, Austausch und verlässliche Strukturen Resilienz auf kollektiver Ebene stärken - in Gemeinschaften, Institutionen und Organisationen. Was macht Menschen wirklich widerstandsfähig? Wie lernen wir, flexibel zu reagieren statt zu verharren? Und warum lässt sich Resilienz nur verstehen, wenn persönliche und gesellschaftliche Faktoren ganzheitlich betrachtet werden? Antworten direkt aus dem PARACELSUS LAB.

Ein ALL EARS ON YOU Original Podcast.

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00:00:00: Resilienz entwickelt sich immer, wenn wir in Grenzsituationen kommen oder wenn wir uns irgendwie anpassen müssen.

00:00:05: Das heißt, Stress ist für uns, wenn wir es jetzt so auf unseren Alltag übertragen, wichtig für unsere Persönlichkeitsentwicklung.

00:00:12: Deshalb gibt es auch ganz häufig diesen populärwissenschaftlichen Irrtum, dass man denkt, wenn jemand kaum Stress hat, dann wird der total gesund durchs Leben kommen.

00:00:20: Dem ist eigentlich gar nicht so, sondern Stressoren führen häufig dazu, dass wir eigentlich erst dann lernen, gut mit Krisen umzugehen und sowas wie natürliches Wachstum dadurch auch erleben und für Folgekrisen dann besser gewappnet sind.

00:00:53: Psychische Gesundheit ist eines der zentralen Themen unserer Zeit und gleichzeitig eines der komplexesten Themen.

00:01:00: Resilienz vereinfacht ausgedrückt, die innere Widerstandskraft wird dabei immer wieder erwähnt und häufig geht es um Techniken und Übungen für innere Stärke und persönliche Stabilität.

00:01:12: Aber Resilienz ist nicht nur etwas, das das Individuum betrifft und im Individuum entsteht, Der entscheidende Zusammenhang, und der wird oft übersehen, liegt zwischen der Psyche und der Gesellschaft.

00:01:24: Zwischen dem, was Menschen innerlich bewältigen müssen und dem, was äußere Bedingungen ihnen abverlangen.

00:01:30: Und genau deshalb wählen wir zu diesem Thema eine andere Perspektive zusammen mit einer der führenden Experten auf diesem Gebiet.

00:01:37: Dr.

00:01:38: Donja Gieland, Psychologin, Resilienzbotschafterin, Gründerin ihres eigenen Instituts Noema und ehemaliger Mitarbeiterin des Leibniz Instituts für Resilienzforschung in

00:01:48: Mainz.

00:01:50: Also sprechen wir gemeinsam über die Kunst der Widerstandskraft.

00:01:54: Ich freue mich sehr auf dieses Gespräch.

00:01:56: Donja, schön, dass du da bist.

00:01:57: Ja, ich freue mich auch, Matthias.

00:01:59: Grüß dich.

00:02:00: Für die Menschen, die dich noch nicht kennen, wir wollen dich zu Beginn näher kennenlernen, gib mir und den Zuhörenden vor allen Dingen mal die Möglichkeit, genau herauszufinden, was du tust, wer du bist und was dich mit diesem Thema gerade rund um psychische Gesundheit mit beschäftigt und

00:02:15: antreibt.

00:02:16: Ja, so, wie du es schon eigentlich eingeführt hattest, ich beschäftige mich mit dem Thema psychische Widerstandsfähigkeit und hab gerade im Zuge der Pandemie mit Kollegen beforst, was macht den Menschen in Krisensituationen resilient, also widerstandsfähig?

00:02:31: Warum kommen einige Menschen sehr gut mit Krisen zurecht, während andere stark sich belastet fühlen von Krisen?

00:02:38: Und welche Mechanismen stecken eigentlich dahinter?

00:02:41: Und die besonders wichtige Frage, die ich in meiner Arbeit wie kann man quasi diese Mechanismen, die in der Forschung als Schutzfaktoren gelten, also als protektiv, wie kann man die Intools in Strategien einfließen lassen, damit die Bevölkerung davon auch einen Nutzen hat?

00:02:59: Das heißt, ich arbeite eigentlich an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis und mache eigentlich das, was dort das Leibniz-Institut genannt, wofür auch Leibniz früher stand, nämlich für Theorieakumpraxi, also die Theorie und die Forschung.

00:03:15: die Menschen dienen.

00:03:16: Und der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt gerade in Bereichen, die Menschen fordern, sich schnell anzupassen.

00:03:25: Und die übergeordnete Frage ist halt, wie machen das Menschen?

00:03:28: Und wie können wir von diesen Menschen lernen und diese Mechanismen für uns nutzen und auch für Organisationen und für die gesamte Gesellschaft nutzen?

00:03:36: Genau das Organisation, gesamte Gesellschaft, das finde ich auch sehr spannend, die Themen darüber noch mal aufzugreifen.

00:03:41: und diese Mechanismen, diese Schutzfaktoren, genau die will ich natürlich von dir auch hören und natürlich wollen wir dieses Praxis nahe genau gerne von dir davon wirklich mehr erfahren.

00:03:53: Lass uns einsteigen mit diesem Begriff, ich habe es eben schon mal verkürzt versucht darzustellen, Resilienz.

00:04:00: Ganz am Anfang, was bedeutet Resilienz für dich oder vielleicht auch in der Forschung?

00:04:05: Wie würdest du das zusammenfassen?

00:04:07: Also, eigentlich kommt es aus der Materialkunde und beschreibt so eine Elastizität von Werkstoffen, übertragen auf die Psychologie und Medizin beschreibt es Anpassungsprozesse im Angesicht von Stressoren.

00:04:19: Das heißt, es muss immer ein Stress dabei sein, wenn wir Resilienz messen wollen und charakterisieren wollen.

00:04:26: Und ... Man bezeichnet beispielsweise Menschen resilient, wenn sie nach einer Stresseinwirkung, also einen Verkehrsunfall, einen Jobverlust, Verlust von einem Angehörigen oder sogar kritischere Lebensereignisse wie Naturkatastrophen nach kurzer Zeit wieder recht normal weiterleben können.

00:04:44: Also ... diese Krise zeitlich begrenzt bleibt oder sie sich schnell wiederholen.

00:04:49: Das heißt, schnell wieder auf ihr normales Funktionsniveau gelangen.

00:04:52: Das heißt, es ist so ein Bounceback, aber auch so eine Art Bounceforward, also mit dem Geschehen ist klarzukommen, wieder seine Funktionsfähigkeit zu erlangen, aber eben auch natürlich mit dem, was passiert ist, zurechtzukommen.

00:05:06: Und insgesamt kann man das ganz gut mit Flexibilität beschreiben, weil Resilienz umfasst ganz viele Strategien, Schutzfaktoren, deshalb sind viele immer so irritiert und sagen, das ist so ein großes Konzept.

00:05:17: Was versteht man denn eigentlich darunter?

00:05:19: Beim Grunde beschreibt es eine Flexibilität im Denken und Handeln, auch Repertoire an ganz vielen unterschiedlichen Strategien, die ich aber gekonnt anwenden kann, je nach Kontext.

00:05:32: Das heißt, man muss auch so eine Kontext-Sensivität mitbringen.

00:05:35: Das bedeutet, wenn ich in einer bestimmten Situation bin, kann ich nicht immer wieder die gleiche Strategie anwenden, weil die hilft ihm vielleicht nicht.

00:05:42: Ich muss den Kontext urteilen.

00:05:44: Dann muss ich gucken, welche Strategie passt dazu.

00:05:47: Also muss ich im besten Fall mir viele Strategien über die Lebensspanne anwenden oder aneignen.

00:05:52: Und dann muss ich auch sowas wie so ein Rückkopplungsmechanismus haben.

00:05:56: Das heißt, ich muss verstehen, passt die Strategie jetzt eigentlich dazu?

00:05:59: Oder für das eigentlich ist es total irrsinnig, jetzt irgendwie total die Kommunikation aufzusuchen, während ich vielleicht mit einer Person eher auf Distanz gehen müsste.

00:06:08: Also man kann sich das quasi ganz gut in diesen drei Schritten Kontextensivität dann ein breites Reparatur an Strategien der Anpassungen anzuwenden und dann immer auch wieder zu schauen, passt das oder nicht.

00:06:20: Also so eine Selbstevaluation durchzuführen.

00:06:23: Und dann fand ich gerade spannend, dass du gesagt hast, der Begriff, der ist ähnlich gut beschreibt, ist Flexibilität.

00:06:29: Also ich habe eingangs jetzt gerade gesagt, die Widerstandsfähigkeit, vielleicht ist das noch so... behaftet aus dem, wo es eigentlich herkommt, der Materialkunde.

00:06:38: Also es muss was von außen einwirken und wir müssen gucken, ob das Widerstandsfähig genug ist oder kaputt geht.

00:06:44: Und du beschreibst es jetzt sehr schön über dieses Thema der Flexibilität, also Kontextbeurteilung, Strategien zu haben und dann die passende Anwendung daraus zu finden.

00:06:53: Und das schaltet sich ja schon deutlich zu dem, was man vielleicht denken würde.

00:06:57: Und den anderen Aspekt fand ich auch sehr spannend, weil du meintest, die Resilienz Und Kurier mich gerne, wenn ich das jetzt falsch wiedergebe.

00:07:04: Aber wir können die Resilienz eigentlich nur dann messen, wenn irgendein Stressor einwirkt.

00:07:09: Also ohne Stressor keine Resilienz, könnte man das so sagen?

00:07:12: Genau, man kann das, wenn man das wirklich ganz krass ausdrücken will, kann man das tatsächlich so sagen.

00:07:18: Resilienz entwickelt sich immer, wenn wir in Grenzsituationen kommen oder wenn wir uns irgendwie anpassen müssen.

00:07:22: Das heißt, Stress ist für uns, wenn wir es jetzt so auf unseren Alltag übertragen, wichtig für unsere Persönlichkeitsentwicklung.

00:07:29: Menschen, die gar keinen Stress haben, entwickeln sich in bestimmten Sphären ja nicht.

00:07:34: Und wenn dann großer Stressor kommt, merken sie eigentlich, dass sie viele Kompetenzen brauchen.

00:07:38: oder fühlen sich dann vielleicht sehr überfordert.

00:07:42: Deshalb gibt es auch ganz häufig diesen populärwissenschaftlichen Irrtum, dass man denkt, wenn jemand kaum Stress hat, dann wird der total gesund durchs Leben kommen.

00:07:50: Dem ist eigentlich gar nicht so, sondern Stressoren führen häufig dazu, dass wir eigentlich erst dann lernen, gut mit Krisen umzugehen und sowas wie ein psychisches Wachstum dadurch auch erleben und für Folgekrisen dann besser gewappnet sind.

00:08:04: Wenn wir jetzt über Stressoren sprechen, du hast es eben schon gesagt, stressige Ereignisse, Verkehrsunfall, Jobverlust.

00:08:11: Aber wir können das, glaube ich, auch sehr gut auf andere physische Aspekte beziehen.

00:08:15: Also Hitze und Kälte sind auch Stressoren und die uns wahrscheinlich erst dann widerstandsfähig machen, wenn wir uns damit konfrontieren.

00:08:22: Ohne Konfrontation würde es nicht funktionieren.

00:08:24: Ja, absolut.

00:08:25: Man kennt ja dieses Beispiel, wo das Kind z.B.

00:08:28: auf die Herdplatte fast erst dadurch, dass es auf die Herdplatte fast erfährt, dass es da sozusagen eine Gefahr gibt und wird das wahrscheinlich beim nächsten Mal nicht mehr tun.

00:08:37: Das ist jetzt ein sehr einfaches und plakatives Beispiel.

00:08:41: Aber diese Grenzerfahrung führen eigentlich dazu, dass wir uns weiterentwickeln und vor allem auch neue Kompetenzen entwickeln.

00:08:47: Und auch ganz häufig dann dieser bedrohliche Charakter, der in Stresssituationen für manche tatsächlich vorhanden ist, der dadurch auch abgepuffert wird, weil man dann beim dritten und vierten Mal sagt, nee, ich hab das schon ganz gut hinbekommen und nimm das dann vielleicht eher als Herausforderung beim nächsten Mal, eine schwierige Situation.

00:09:06: Das heißt aber auch Resilienz ist keine Eigenschaft.

00:09:09: keine Persönlichkeits-Eigenschaft, sondern eher ein dynamischer Prozess?

00:09:13: Oder wie würdest du das

00:09:14: beschreiben?

00:09:14: Ja, absolut.

00:09:15: Das ist ein dynamischer Prozess.

00:09:16: Es gibt auch Eigenschaften, die förderlich für eine Ausbildung von Resilienz sind oder die resiliente Reaktion begünstigen.

00:09:25: Beispielsweise Neurotizismus, wenn jemand sehr ängstlich ist, ist das nicht unbedingt gut für resiliente Reaktionen und Einstellungen.

00:09:32: Aber es ist nur ein Aspekt von diesem ganzen Konstrukt und auch vor allem, wie du es beschrieben hast.

00:09:38: Es ist eigentlich ein dynamischer Prozess, der Vor- und Rückschritte hat.

00:09:43: Und ich glaube, eine Studie hat herausgebracht, dass eigentlich hundert verschiedene Faktoren Resilienz beeinflussen.

00:09:50: Also die Lebensbiografie, Persönlichkeits-Eigenschaften, genetische Dispositionen, soziostrukturelle Merkmale wie dein sozioeconomischer Status, Teilhabemöglichkeiten, dann wie viele Krisen du vielleicht auch erlebt hast und wie viel konfrontiert wurdest.

00:10:06: Das ist eine Fülle.

00:10:08: an Faktoren, die das bestimmen, dazu zählen auch Eigenschaften, letztendlich erfüllen oder ergeben, aber die einzelnen Faktoren immer nur einen kleinen Vorhersage wert.

00:10:18: Das heißt, in der Situation und auch individuell bestimmt eigentlich die jeweilige Strategie, was einem Menschen hilft.

00:10:26: Ich kann jetzt nicht sagen, per se bei einem Verkehrsunfall muss man die oder jene Resilienstrategie anwenden und die hilft.

00:10:32: Das ist einmal ein individueller Prozess.

00:10:35: Das heißt, wenn jemand seine Resilien stärken will, muss er selbst auch in diesen Tools bisschen rumspielen und austesten, was eigentlich gut zu ihm passt, weil es gibt Menschen, die reagieren körperlich auf Stress, andere wiederum emotional.

00:10:48: Und insgesamt ist es auch bereisspezifisch.

00:10:52: Das heißt, ich kann durchaus im Arbeitskontext resiliente Reaktionen zeigen, aber in meiner Partnerschaft merken, ich muss da vielleicht mich weiterentwickeln oder mit meinen Kindern besonders achtsam umgehen.

00:11:21: Das ist das beste Signal eigentlich.

00:11:23: Formbar, veränderbar, die Entwicklung ist möglich, auch resilienter zu werden.

00:11:29: Und wenn ich es richtig verstehe, also auf der einen Seite, es braucht den Stressor.

00:11:33: Auf der anderen Seite können wir beim Umkehrschluss auch nicht sagen, viele Stressoren im Leben, auch vielleicht Traumatisierung, physisch, psychisch, frühkindlich beispielsweise, fördern nicht unweigerlich die Resilienz, könnte aber ein Faktor sein, sehe ich das richtig.

00:11:47: Genau, es kommt dann immer auf den Kontext an.

00:11:49: Man kann per se nicht sagen, potenziell traumatische Ereignisse führen zu einer niedrigeren Ausprägung von Resilienz, weil wenn ein Kind beispielsweise, wie du genannt hast, aus wideren Lebensbedingungen kommt, aber dann trotzdem Bezugspersonen hat, eine adäquate soziale Unterstützung bekommt, dann kann sich aus diesem Stressor ein psychisches Wachstum entwickeln.

00:12:10: Also es heißt immer, es kommt auch auf die Umgebungsfaktoren an, deshalb sind ja strukturelle Faktoren oder Bezugspersonen.

00:12:16: so wichtig, gerade im jüngeren Alter, wo wir an anderen Menschen auch lernen, wie löst man Probleme?

00:12:22: oder auch auf die Wertschätzung in unserem Umfeld so stark angewiesen sind, um unseren Selbstwert beispielsweise auch auszubilden.

00:12:30: Das heißt, per se kann man nicht sagen, Stressoren oder heftige Lebenseignisse führen zu einer niedrigeren Ausprägung.

00:12:38: Aber was man sagen kann, wenn Stressoren aufeinander und sich aneinanderreihen und es eine Häufung an Stressoren gibt und keine Regenerationsphasen dazwischen, dann besteht schon die Gefahr, dass Menschen sozusagen an Kipppunkte kommen und dann bei einem der nächsten Stressoren wirklich einen Schwellenwert überschritten wird und man durchaus beispielsweise eine stressinduzierte Erkrankung, wie eine Depression erleiden kann oder vielleicht auch, wenn es das Ereignis viel heftiger war, eine posttraumatische Belastung entwickeln kann.

00:13:10: Es kommt also auf die Regenationsphase dazwischen, glaube ich, sehr stark an.

00:13:15: und auf das Umfeld und natürlich auch auf die eigenen, ja ausgebildeten Resilienzstrategien, die man bis dahin schon entwickelt hat.

00:13:25: Dann lass mal die Theorie in die Praxis überführen, über welche Strategien sprechen wir in dem Kontext.

00:13:31: Also was ist das, worum es dann geht?

00:13:33: Was könnte mich vereinfelt ausgedrückt rausbringen oder flexibel reagieren lassen?

00:13:38: Lass uns das greifbar machen.

00:13:40: Also wichtig ist beispielsweise, dass ich mich immer wieder in positive Stimmung bringen kann.

00:13:45: Das heißt, es gibt Menschen, die schaffen es trotz großer Stressoren, zu sagen, ich gehe jetzt eine Stunde Sport machen, ich treffe mich jetzt eine Stunde mit einem Freund.

00:13:54: Das bedeutet zwar nicht, dass der Stress dann weg ist oder die negativen Emotionen, die man vielleicht hat, die Niedergeschlagenheit, aber man ist dann für eine kurze, gewisse Zeit nicht mit dem Stressor im Vollkontakt, kann da enorm viel Energie ziehen.

00:14:08: Und vor allem hat man die Fähigkeit, Freude wieder zu empfinden.

00:14:13: Und das ist ja ziemlich wichtig, auch wenn man in einer Krisensituation ist.

00:14:16: Das ist ein wichtiger Faktor, positive Emotionen zu empfinden.

00:14:21: Da geht es nicht um die Intensität, sondern eher um die Häufigkeit.

00:14:24: Wie häufig schaff ich es, trotz einer schwierigen Situation eine positive Aktivität durchzuführen oder auch mal meine Perspektive zu wechseln?

00:14:32: Da sind wir bei dem Zweifel.

00:14:34: Frequenz vor Intensität.

00:14:35: Genau.

00:14:37: Ja, spannend.

00:14:38: Es geht nicht darum, dass ich mich total irrsinnig freue über etwas, sondern dass ich ... kurze Momente der Freude erleben kann, trotz eines Stressors.

00:14:47: Dann kommt es natürlich ganz stark auf unsere Bewertung an.

00:14:51: Man liest es ja ganz häufig.

00:14:52: Stress ist ganz häufig Haus gemacht oder zum Teil Haus gemacht.

00:14:56: Und die Art, wie ich die Situation betrachte, wie ich mich in der Situation betrachte, ob ich sage, ich hab an allem Schuld und ich schaff das bestimmt nicht und hab da nicht Kompetenzen, irgendwie einen Ausweg zu finden, Wirkt sich ja dann ganz stark auch auf mein Handeln aus, ne?

00:15:13: Wenn ich eine pessimistische Sichtweise über mich selbst habe oder mich negativ attribuiere, also alles, was negativ ist, auf mich selbst zu schreibe und nicht sage, okay, da waren externe Faktoren, die Tagesform oder andere Aspekte, die variabel sind und die sich beim nächsten Mal ändern können.

00:15:31: Das ist ein wichtiger Faktor.

00:15:33: Man hat in der Forschung gemerkt, dass Menschen, die schnell aus Krisen rauskommen, so ein leicht positiv verzehrten Bewertungsstil.

00:15:40: haben.

00:15:40: Das heißt, die fokussieren sich darauf, wie habe ich das denn beim letzten Mal gemacht, wenn ich im Stress war.

00:15:46: Auf wen könnte ich mich denn berufen, der mir vielleicht helfen könnte?

00:15:50: Also, wo kann ich mir soziale Unterstützung suchen?

00:15:53: Ja, sie fokussieren sich auch auf Handlungsmöglichkeiten.

00:15:56: Das heißt, was kann ich machen?

00:15:57: Was kann ich verändern?

00:15:58: Was kann ich bewirken?

00:16:00: Und da kommt das Konzept der Selbstwirksamkeit dazu.

00:16:03: Und daran sieht man auch, dass diese ganzen Schutzfaktoren sich überlappen.

00:16:06: Also, wenn ich optimistisch bin, neige ich eher dazu, aktiv meine Situation anzugehen.

00:16:12: Wenn ich aktiv meine Situation angehe, merke ich auch, ich bin selbstwirksam.

00:16:16: Ich habe einen Einfluss auf eine Situation, die schwierig ist.

00:16:20: Und dann verändert sich meistens auch meine Bewertung.

00:16:23: Ich fühle mich nicht mehr hilflos, nicht mehr ohnmächtig.

00:16:27: Das heißt, diese Faktoren, Selbstwirksamkeit, Optimismus, sich kurzfristig in positive Stimmung bringen, ein positiver Bewertungsstil, auch als kognitive Flexibilität genannt, die haben starke Überlappungen miteinander.

00:16:40: Deshalb kommen wir zu dem, was ich anfangs gesagt hatte, zurück.

00:16:43: Diese drei Faktoren, die ich genannt habe, den Kontext erkennen, die richtige Strategie anwenden und dann auch evaluieren, ob das die richtige ist.

00:16:52: Diese Schritte sind wichtiger für Resilienz.

00:16:54: Welche konkrete Strategien man ansetzt, lernt man im Laufe der Lebensspanne oder mit jedem Stressor.

00:17:01: Wichtig ist, dass man versucht, wenn man so will, nicht in der Passivität zu verharren, wenn man Stress hat.

00:17:10: Und sich zu sagen, in die Metaebene zu gehen und sich zu sagen.

00:17:15: Ich bin gerade jetzt zwar in einer schwierigen Situation, aber die Situation wird sich verändern mit der Zeit.

00:17:20: Der jetzige Zustand ist zeitlich begrenzt und ich habe Möglichkeiten, darauf einzuwirken.

00:17:26: Und allein dieser Perspektivenwechsel ist schon ein Schritt in die resiliente Richtung.

00:17:31: Aber das bedeutet nicht, dass man keine negativen Emotionen empfindet, Angst zu empfinden, traurig zu sein, sich auch vielleicht mutlos für eine kurze Zeit zu fühlen.

00:17:41: Das gehört auch zu Resilienz.

00:17:43: Empfindungen brauchen wir ja, weil Resilienzen ein Lernprozess ist.

00:17:46: Würden wir nicht diese Empfindungen haben, würde unser Organismus gar nicht in die Richtung gehen, okay, jetzt muss ich lernen, wie komme ich denn jetzt hier raus?

00:17:55: Du hast einen Aspekt daraus, den fand ich mir auch nochmal interessant, neben diesen positiven, also hohe Frequenz von, ich hatte es ja eben nochmal so erwähnt, von positiven Emotionen nenne ich erstmal und auch zu überlegen, dass selbst wirksam eben sein zu können.

00:18:10: und dann hast du einen anderen Aspekt noch aufgemacht, nämlich auch zu schauen wer kann mich unter Umständen extern unterstützen.

00:18:15: Also das fand ich nochmal spannend, weil wir hatten das ja eben zu Beginn in der Definition.

00:18:20: Das ist bei Resilienz sich um einen dynamischen Prozesshandel, der geprägt ist, durch genetische oder neurobiologische Voraussetzungen, durch psychologische Ressourcen, durch soziale Beziehungen.

00:18:31: Und da denke ich, oder strukturell Rahmenbedingungen, wie du sie auch so so sozioeconomischer Status und Ähnliches erwähnt hast, aber eben auch im Außen diese Unterstützung mitzusuchen, zählt das als Strategie oder ist das quasi aus den Strategien, die wir erwähnt hast, eher die Handlung, die dann entsteht?

00:18:48: Also es ist ein sehr zentraler Resilienzfaktor, einer der auch meist bevorsten Resilienzfaktoren soziale Unterstützung.

00:18:57: Der wirkt sich auch nicht nur auf die Psyche aus, sondern es gibt auch Studien, wo man gesehen hat, dass es auch einfach etwas mit einem besseren körperlichen Befinden zu tun und das Interessante bei sozialer Unterstützung ist.

00:19:09: Es wirkt sowohl auf der Handlungsebene, wie du grad selbst an mich gefragt hast, aber es hat auch viel was mit dem Wissen, um soziale Unterstützung zu tun.

00:19:18: Und darin liegt eigentlich auch der wirkliche, protektive Faktor.

00:19:22: Das heißt, wenn ich jemandem anderen sage, ich bin für dich in der Situation da, du kannst mich anrufen, du kannst auf mich zurückgreifen.

00:19:27: Für das schon, und das hat man in Studien festgestellt, zu niedrigeren Stressantworten, niedrigeren Cortisol-Ausstüttungen in schwierigen Situationen.

00:19:37: Und die... Tatsächlich ausgeführte Hilfeleistung, das ist ganz spannend, kann manchmal auch sozusagen vielleicht auch eine negative Auswirkung haben auf den, der sie empfängt, weil manchmal Hilfe zu viel sein kann, dass gegenüber sich vielleicht inkompetent fühlt oder die Hilfe ist zu wenig, dann erwartet das gegenüber vielleicht mehr von einem.

00:19:58: Das heißt, da geht es auch darum, wenn jemand beispielsweise unterstützen will, auch genau zu schauen, was für eine Unterstützung braucht eigentlich mein Gegenüber, damit das wirklich auch protektiv.

00:20:08: Und für mich als jemand, der dann Unterstützung annimmt, ist meistens das Wissen um soziale Unterstützung viel, viel wichtiger.

00:20:16: Ich brauche nicht unbedingt immer die tatsächlich ausgeführte Handlung.

00:20:20: Das ist sehr interessant.

00:20:23: Das heißt, zumindest diese Unterstützung anzubieten, was man manchmal auch denkt, ich weiß gar nicht, ob ich die Person in dieser Krisensituation anrufen sollte, wäre, was du sagst, wissenschaftlich unter Mauert genau der richtige Weg.

00:20:35: Aber gar nicht unbedingt die unterstützende Handlung auszuführen,

00:20:38: sondern eher nur

00:20:39: das schon mitzuteilen.

00:20:40: Also so auch

00:20:41: um

00:20:41: anderen im Aufbau der eigenen Resilienz Unterstützung

00:20:45: zu bieten.

00:20:46: Genau, genau.

00:20:46: Es gibt ja so ein Sprichwort, dass Vertrauen, dass man jemandem gegenüber schenkt, ist das, was ihn am meisten stärkt.

00:20:53: Und Vertrauen ist ja auch nicht eine wirklich ausgeführte Handlung, sondern es ist eher eine Geste, ein Signal, etwas, was ich ja quasi jemandem ausstrahle, das ich an ihn glaube.

00:21:04: Und das, finde ich, trifft es immer ganz gut.

00:21:06: Wenn ich jemandem das Gefühl gebe, ich glaube an dich und du kannst auch auf mich zukommen, wenn du Schwierigkeiten hast, dann ist das schon etwas, was für den anderen die Stresssituation wirklich signikant verändern kann.

00:21:20: Resilienz als dynamischer Prozess.

00:21:22: Donner, warum erreicht es dennoch nicht Resilienz, nur auf einer individuellen Ebene zu denken?

00:21:29: Weil ganz viele Untersuchungen auch gezeigt haben, dass Menschen, die diese Schutzfaktoren haben, beispielsweise, trotzdem in schwierigen Situationen, nicht ausreichend resiliente Einstellungen oder Reaktionen entwickeln können.

00:21:44: Das heißt, es wäre eigentlich zynisch zu sagen, wenn man individuelle Resilienz ausreichend trainiert, dann wird man jede Stresssituation meistern können.

00:21:56: Und da sehen wir, dass häufig eben sozioeconomischer Status, Teilhabemöglichkeiten, speziell auch, wenn man Menschen mit Migrationshintergrund jetzt betrachtet, Sprachkenntnisse, Status innerhalb einer Gesellschaft, überhaupt, wo ich mich in der Gesellschaft befinde, ob ich in der Mitte der Gesellschaft bin oder eher zu einer Randgruppe gehöre.

00:22:18: Wie werde ich denn von der Mehrheitsgesellschaft betrachtet?

00:22:21: Welche Narrative herrschen über meine ethnische Gruppe oder über das soziale Millionen, die mich fortbewege, dass diese Faktoren auch sehr stark das Selbstkonzept und das Zugehörigkeitsgefühl von Menschen prägen.

00:22:34: Und wir wissen, dass Vertrauen nicht nur auf individueller Ebene, also das Vertrauen, Urvertrauen, das Kinder von ihren Bezugspersonen bekommen und dass man dann in der Partnerschaft erhält und so weiter, dass das nicht auf individueller Ebene nur wichtig ist, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene.

00:22:51: Gerade in der Pandemie hat man beispielsweise gesehen, dass Menschen, die sich nicht mehr ausreichend vertreten fühlen von politischen Institutionen, ganz häufig, dann sich zu radikalen Gruppen, radikalen Denkrichtungen.

00:23:09: zuwenden.

00:23:10: Und das hat natürlich nicht nur was mit der Denke, die sich verändert zu tun, sondern das hat das was damit zu tun, dass sie keinen Vertrauen mehr haben, dass sie sich nicht mehr zugehörig fühlen, dass sie auch manchmal die Kommunikation nicht mehr verstehen.

00:23:23: Und deshalb glaube ich, dass diese politischen Dimensionen auch sehr stark die Resilienz einer Gesellschaft stärken, aber auf der anderen Seite eben auch schwächen können.

00:23:33: Und das sehen wir ja jetzt ganz stark, dass bei besonderen Themen, wo es auch zu einer Spaltung innerhalb der Gesellschaft kommt, sei es das Thema Migration zuletzt jetzt die Äußerung des Bundeskanzlers zum Thema Stadtbild, dass das ja schon dazu führt innerhalb der Gesellschaft, dass Zugehörigkeit definiert wird, wer gehört dazu, wer darf sichtbar sein, wer nicht.

00:23:54: Und das sind ja übergeordnete Faktoren, die auch die Resilienz einer Gesellschaft und den Gruppen, die innerhalb der Gesellschaft leben, bestimmen, sodass ich sagen würde, Das Aspekte, die Resilienz auf Kollektive, also gesellschaftlicher Ebene stärken, sind auf jeden Fall Dialoge, Orte, wo Menschen zusammenkommen und da die Möglichkeit haben, sich auszutauschen, um Vorurteile abzubauen, aber auch Orte, wo Menschen sich wieder zugehörig fühlen.

00:24:24: Gerade jetzt in der Winterzeit merkt man, dass das viele quasi neben dem Winterblues aber auch so eine saisonale Depression entwickeln können.

00:24:33: eine weitere Episode einer Depression erfahren, weil sie sich einsam fühlen, weil sie sich isoliert fühlen.

00:24:39: Deshalb glaube ich, dass ... Orte, wo Menschen soziale Unterstützung erfahren, wo sie in Kommunikation kommen und auch so was wie eine kollektive Wirksamkeit entwickeln.

00:24:50: Also ich gehöre dieser Gruppe an.

00:24:52: Ich fühle mich zugehörig und entsprechend entwickle ich auch einen Kontrollempfinden.

00:24:56: Ich fühle mich sicherer, dass das viel stärker auch von der Politik mit Ressourcen bestückt werden müsste und gefördert werden müsste.

00:25:04: Wenn du sagst, Ressourcen aus der Politik herauskommen, du sprichst von einer kollektiven Resilienz oder einer Gruppenresilienz, hat aber auch unwagerlich Auswirkungen auf meine individuelle Resilienz?

00:25:16: Genau.

00:25:16: Also

00:25:17: um dieses Wechselspiel zwischen Gesellschaft und Auswirkungen auf die Psyche nochmal zu unterstreichen?

00:25:22: Ja.

00:25:22: Also wenn ich zum Beispiel mich zugehörig einer Gruppe fühle und vielleicht auch mich... ja, vielleicht Angst habe vor bestimmten globalen Entwicklungen oder vor Entwicklungen, die ich in Deutschland sehe.

00:25:34: In der Gruppe habe ich aber ja die Möglichkeit, mich auszutauschen, meine Ängste zu formulieren, andere Meinungen zu erfahren.

00:25:40: Das bringt mich zu einem Perspektivenwechsel und kann vielleicht meine Bewertung korrigieren.

00:25:45: Das sind alles Resilienzmechanismen, die ich ja als Individuum alleine zu Hause nicht für mich entwickeln kann oder nur sehr weit grenzt entwickeln kann.

00:25:52: Von daher auf eine Frage zurückkommen.

00:25:54: Resiliente Individuen sind wichtig für ein resilientes Kollektiv, aber es gibt Mechanismen, die kann das Individuum nur im Kollektiv ausbilden.

00:26:03: Also wie soziale Unterstützung.

00:26:06: So ein Wir-Gefühl kann ich ja für mich alleine nicht unbedingt ... Ich kann ja mal mit meinen verschiedenen Stimmen, die ja jeder hat, oder die innere Pluralität, daraus kann ich auch ein Wir-Gefühl basteln.

00:26:17: Aber das, was ich in der Gemeinschaft erlebe, Rückhalt, Perspektivenwechsel und ... eine Form des Gemeinschaftsgefühls, das ist nur im Kollektiv möglich.

00:26:28: Und wir sind soziale Wesen, wir haben es in Krisensituationen immer gemerkt, dass wir viel tun können im Sinne der Selbstfürsorge, aber irgendwann brauchen wir ja auch andere Menschen wieder.

00:26:38: Und würdest du da, um es zu quantifizieren, ist das simpel ausgeregt, fünfzig-fünfzig geteilt?

00:26:44: Also, fünfzig Prozent kann ich über Selbstfürsorge abdecken und fünfzig Prozent von der Gesellschaft.

00:26:49: Ich verstehe natürlich, dass es ineinander verwoben ist und das eine bedingt das andere.

00:26:54: Aber simpel ausgedrückt, was ist wichtiger, wenn mich so einteilen würde.

00:26:59: oder was ist präsenter?

00:27:01: Ich finde, das ist eine sehr interessante Frage.

00:27:02: Ich glaube, es hat es kulturspezifisch.

00:27:06: Wie es jetzt beim Individuum ist, ist, glaube ich, sehr individuell.

00:27:09: Es gibt ja Menschen, die sind sehr stark auf andere Menschen fokussiert.

00:27:12: Die brauchen einfach ihre Freunde, ihre Familie, ihre Angehörige.

00:27:15: Dann gibt es ja Typen von Menschen, die brauchen viel Ruhe, die kommen auch einfach mal einen Wochenende ganz alleine mit sich selbst zurecht und genießen das auch.

00:27:23: Also ich glaube, es ist einmal eine ... individuelle Frage, aber betrachtet man sich Gesellschaften im Vergleich, sind es häufig kollektivistische Gesellschaften, die ganz stark dieses Gruppengefüge brauchen, weil sie sich über die Gruppe viel mehr definieren.

00:27:37: Wenn man in orientalische Länder schaut oder auch in asiatische Länder, da vollzieht sich sogar das eigene Selbstkonzept innerhalb der Gruppe.

00:27:46: Das kann positiv sein, es kann aber natürlich auch ein Risikofaktor sein, wenn ich gar nicht mehr ich selbst bin und quasi meine Definition meines Selbst sich nur mit den Merkmalen der Gruppe, sozusagen, matcht.

00:27:59: Auf der anderen Seite in individualistischen Gesellschaften merken wir, dass Einsamkeit zunimmt, diese Anonymität auch nicht unbedingt mehr so positiv zu betrachten.

00:28:08: Weil viele Menschen einfach auch an Einsamkeit erkranken.

00:28:12: Und deshalb ... Das

00:28:14: ist einer der Risikofaktoren, glaub ich.

00:28:16: Also das, was du auch erwähntest mit nicht nur der Zugehörigkeit von ... verhinderten politischen Entscheidungen, bezogen auf die Pandemie beispielsweise.

00:28:25: Aber das Thema, was, ich sag mal, virologisch so auch gar nicht vielleicht angelegt war, nämlich soziale Isolation zu betreiben, sondern eigentlich ging es ja um physische Isolation, meinetwegen.

00:28:38: Aber soziale Isolation heißt ja auch noch mehr Vereinsamung.

00:28:43: Und ich glaube, dass das auch viele Menschen betroffen hat.

00:28:46: Und in der Gesellschaft, die älter werdende Gesellschaft, singularisiert in den Haushalten.

00:28:51: Und ich glaube, dass das ein wesentlicher Risikofaktor ist und wahrscheinlich dann auch logischerweise auf die eigene Resilienz

00:28:58: als

00:28:58: Folge.

00:29:00: Und wir haben ja immer so kleine, sag ich mal ... Renaissance dieses kollektiven Wir-Gefühls erlebt, also in der Pandemie war es so.

00:29:08: Und auch immer wieder, wenn so Krisen oder krisenartige Wellen auf die Gesellschaft zukommen, sei es durch Migrationswellen, wo Menschen dann Bevölkerungsgruppen sich zusammenschließen, um zu helfen, dann erlebt man ja dieses Wir-Gefühl.

00:29:21: Und eigentlich ist es schade, dass das sich nicht so verstetigt, weil ich glaube, Menschen, die gar nicht jetzt betroffen sind, sondern aktiv werden, also durch Demonstration, Ehrenamt, die schöpfen auch ganz viel durch dieses Wir-Gefühl, aber ich hab das Gefühl, es kommt immer so wählenartig, dann ebt es wieder so ab und dann kommt so das nächste.

00:29:38: Das heißt, irgendwie braucht man immer ein Thema, um dieses Wir-Gefühl scheinbar in der Gesellschaft zu entwickeln und dann fällt das so auseinander und dann kommt das neue Thema und daran formt sich das dann.

00:29:50: Aber ist das der Grund, warum auch deine eigene Arbeit, also so diese Verbindung individueller Psyche mit allen Faktoren für Resilienz und Gesellschaft, also dass deine Arbeit selbst auch eben nicht nur mit dem Institut, wenn ich es richtig verstehe, nicht nur mit Einzelpersonen, sondern eben auch mit Teams, mit Organisationen, Institutionen stattfindet, dass genau dieses Bindeklid, Psyche und Gesellschaft hier eigentlich zusammengebracht wird.

00:30:16: Ja, absolut.

00:30:17: Also das ist der Schwerpunkt der Arbeit.

00:30:19: Wir arbeiten nicht nur mit Einzelpersonen im Kontext von Coaching, sondern eher mit Organisationen, Unternehmen, aber auch mit staatlichen Institutionen zusammen.

00:30:31: Wir beraten auch Organisationen, wenn es um Medienkampagnen geht oder ganz konkret um die Ausformulierung bestimmter Gesundheitsprogramme beispielsweise für bestimmte Zielgruppen.

00:30:45: Und insgesamt ist das übergeordnete Thema auch die Psychologie und evidenzbasierte Strategien.

00:30:53: in die Politik mehr reinzubringen.

00:30:56: Und ich glaube, das hat ja auch mit der Pandemie begonnen und ist jetzt auch schon viel mehr in der Politik vertreten.

00:31:01: Das heißt, wie ist die Risikowahrnehmung von Menschen?

00:31:04: Wie reagieren Menschen auf politische Kommunikation?

00:31:07: Was kann man tun, um Vorteile Diskriminierung abzubauen?

00:31:10: Ich glaube, das wird viel stärker von der Politik betrachtet.

00:31:15: Aber es ist nach wie vor, obwohl es so ein wichtiger Faktor ist, nicht ausreichend.

00:31:20: Das hat nur nicht ausreichend Bedeutung meiner Meinung.

00:31:23: Und das ist auch so ein übergeordnisses Ziel, was wir vorantreiben möchten.

00:31:28: Das heißt, auf einer Organisation oder politischen Struktur, Institutionsstruktur steht zu Beginn für euch die Analyse der Situation.

00:31:35: Und dann würde man versuchen, Resilienz fördernde Bedingungen zu schaffen.

00:31:40: Kann man sich das so vorstellen?

00:31:41: Genau.

00:31:41: Also man analysiert macht erst mal eine Stressanalyse.

00:31:44: Das ist natürlich je nach Situation und Geschehen.

00:31:48: umfangreicher.

00:31:49: Wenn man sich darauf fokussiert, wie gehen Menschen mit der aktuellen Migrationsdebatte um, ist natürlich, muss man eine viel größere Analyse machen und schaut auch in die Historie, haben Menschen in den letzten fünfzehn Jahren oder zwanzig Jahren, sind Menschen damit umgegangen?

00:32:05: und häufig zeigen sich dann auch immer wieder ähnliche Mechanismen, ähnliche Stressfaktoren und auch ähnliche Bewältschungsstrategien, wenn wir jetzt das Thema Migration betrachten.

00:32:16: Geht man aber zu einer Organisation, dann schaut man sich natürlich ganz individuell an.

00:32:21: Wie arbeitet diese Organisation?

00:32:24: Wie geht sie vor allem mit Stress-Situationen um?

00:32:26: Und was ist das Ziel der Organisation?

00:32:28: Also was möchte diese Organisation verändern?

00:32:31: Wie lernbereit und veränderungsbereit ist auch eine Organisation?

00:32:35: Es gibt ja Organisationen, die haben noch ganz starre Systeme.

00:32:38: Da muss man erstmal Hierarchien aufbrechen, neue Kommunikationswege aufbauen.

00:32:43: Also da muss man quasi von außen drauf schauen.

00:32:46: und ganz viele Strukturen auch erst mal in eine neue Position bringen.

00:32:51: Also es ist sehr individuell, es kommt immer darauf an, wie es ist, aber es fängt mit einer Bestandsaufnahme, mit einer Analyse an und dann gibt es ja viel in der Forschung dazu.

00:33:01: Und das muss man aber quasi maßgeschneidert natürlich dann auch auf die jeweilige Situation das Unternehmen oder das Thema

00:33:09: anwenden.

00:33:10: Das ist wahrscheinlich auch nicht so einfach, runterzubrechen in so manchen Stellen, aber wenn ich sich mal so nach den größten, ich nenn sie mal so, Resilienzkiller infrage, die du auf gesellschaftlicher Ebene siehst.

00:33:22: Was fällt dir da ein oder was kommt da häufiger zu tragen oder was sind da die Themen?

00:33:26: Also, politische Kommunikation ist, glaube ich, ganz häufig jetzt momentan Resilienzkiller in der Gesellschaft, wenn wir uns jetzt Medien anschauen, bzw.

00:33:35: die Äußerungen jetzt zum Stadtbild, das fällt mir jetzt als Letztes ein, wo ich gedacht habe, da wollte vielleicht jemand auch Punkte ansprechen, die wichtig für die Bevölkerung sind, nämlich Kontroll- und Ordnungsbedürfnis und als Bedürfnis nach Sicherheit, was ja in der Äußerung zum Beispiel des Bundeskanzlers hinsichtlich des Stadtbildes integriert war, aber die Form der Kommunikation war natürlich sehr spalten, weil das sich dann letztendlich auf eine sehr heterogene Populationen der Menschen mit Migrationshintergrund abgespielt hat oder auf dem Rücken dieser Menschen abgespielt hat, die ja sehr unterschiedlich sind und sich da nicht wiedererkannt haben und eigentlich ja auch für Sicherheit innerhalb eines Stadtbildes sind und stehen und da aktiv werden wollten.

00:34:21: Also ich glaube, politische Kommunikation könnte viel besser ausgeformt sein und dann würde man vielleicht auch, wenn es um den Wahlkampf geht oder um Wählerstimmen, da auch sogar mehr Stimmen einfangen können, wenn man eher eine inklusive Sprache anwenden würde.

00:34:38: Das ist für mich auch in der Pandemie ein Thema gewesen.

00:34:41: Ich hatte das Gefühl, dass beispielsweise in Deutschland gar nicht so emotional kommuniziert wurde, als es darum ging Gefahrenlagen aufzuzeigen, aber zeitgleich eben auch innerhalb der Gesellschaft.

00:34:53: für Motivation zu sorgen, dass man gemeinsam diese Krise bewältigen kann.

00:34:59: Und wenn man in anderen Ländern geschaut hat, wie Staatsoberhäupte kommuniziert haben, hat man viel häufiger auch so eine emotionale Kommunikationsart feststellen können.

00:35:10: Appelle, Ausrufe, die eher so emotional dann Menschen mitgenommen haben.

00:35:15: Und da, glaube ich, kann man ganz viel umsetzen.

00:35:18: Also politische Kommunikationen, medial, glaube ich, kann man ganz viel innerhalb der Gesellschaft an Resilienzstrategien vermitteln, allein indem man Resilienzvorbilder darstellt.

00:35:30: Also Menschen, die vielleicht viele Zielgruppen erreichen oder besondere Zielgruppen und die dann Aufzeigen, dass man mit Krisen gut umgehen kann und das dann ganz konkret darstellen.

00:35:40: Also, wie habe ich das gemacht?

00:35:41: Wie kam ich aus der Krise?

00:35:43: Was kann ich da anwenden?

00:35:45: Und eben auch zeigen, dass sie selbst verwundbar sind.

00:35:50: Stick mal auch ein bisschen abbauen, dass man durchaus im Leben einfach auch Tiefen erleben kann und die aber nicht sofort zu pathologisieren sind, sondern man sich eigentlich auch rechtzeitig Hilfe holen kann und dass das eine gute Sache ist und auch anderen Menschen helfen sollte, wenn man das beobachtet.

00:36:06: Also Resilienzmodelle, Rollmodels sind wichtig, gerade durch Medien das darzustellen.

00:36:12: Das sind jetzt zwei Punkte, die mir eingefallen sind.

00:36:15: Und vor allem würde ich einfach, das hatte ich aber schon erwähnt, dass die Politik versuchen sollte, mehr in Projekte zu investieren, wo Menschen zusammenkommen.

00:36:24: Das kann auf kommunaler Ebene sein, überall, wo Menschen in Kontakt miteinander kommen und die Möglichkeit haben, zusammen an einem Projekt zu arbeiten oder sich auszutauschen.

00:36:34: Das sind alles überall schon so kleine Resilienzwerkstätte meiner Meinung nach, weil es entstehen soziale Kontakte.

00:36:41: Man kann kommunizieren.

00:36:43: Einige davon, die vielleicht dort sind, sind einsam, erfahren dann Rückhalt.

00:36:50: Da vollziehen sich ganz viele Resilienzmechanismen, die für uns so unsichtbar sind, aber eigentlich in solchen öffentlich geförderten Projekten sehr wichtig sind.

00:37:01: Weil nicht jeder hat den Zugang zu Resilienzmöglichkeiten.

00:37:06: Es gibt ja auch Menschen, die ... sozial benachteiligt sind oder eben einfach einsam sind und nicht so viele Möglichkeiten

00:37:13: haben.

00:37:14: Donia, du hast zu Beginn gesagt, eines deiner großen Themen ist, die Theorie in die Praxis zu überführen.

00:37:20: Da will ich jetzt gerne nochmal mit dir genauer drauf.

00:37:22: Ich habe eine andere Stelle bei dir gelesen, Wissenschaft anwenden, Wirkung entfalten.

00:37:28: Lass uns doch mal drauf schauen, wie das dann konkret aussieht.

00:37:32: gerne auf individueller oder uns gesellschaftlicher Ebene, aber wie funktioniert es, die Resilienz zu entwickeln?

00:37:39: Also ich fang mal mit der individuellen Ebene an.

00:37:42: Wenn man selbst sagt, ich möchte jetzt meine Resilienz stärken, im Selbstmanagement ist so der erste Schritt, dass man sich anschaut, wie reagiere ich auf Stress so an?

00:37:50: Also was zeige ich da?

00:37:52: Grüble ich da?

00:37:53: Oder habe ich eher körperliche Symptome?

00:37:57: Oder ... versuche ich meinen Stress irgendwie auszublenden und mich kurzfristig durch Alkohol oder vielleicht nicht so funktionale Ablenkung in positive Stimmung zu bringen.

00:38:08: Also wie ist mein Art mit Stress umzugehen und was tut mir daran nicht gut?

00:38:13: Das wäre so der erste Schritt, seine eigene Stressregulation zu reflektieren und dann in Stresssituationen mal sich selbst zu beobachten und zu versuchen.

00:38:24: dort wo man merkt, Handel ich eigentlich sehr automatisiert.

00:38:28: Ich wende immer das gleiche an.

00:38:31: Verliere mich irgendwie vielleicht in so einer Negativschleife, wo ich sehr schlecht über alles denke und meinen inneren Kritiker da spüre und eigentlich gar nicht so gut vorankomme, da mal wirklich das als kleines Resilienzprojekt sich anzuschauen und zu sagen, ich möchte da vielleicht mal anders mit der Situation umgehen.

00:38:49: Was könnte ich denn machen?

00:38:50: Dann sich zu überlegen, welche Resilienzstrategien gibt es?

00:38:54: Sollte ich vielleicht mal mit jemandem sprechen, um meine Perspektive zu verändern?

00:38:58: Da würde ich ja an meiner Bewertung arbeiten.

00:39:00: Und das ist ja ein wirklich wichtiger Mechanismus.

00:39:03: Viele denken, wenn ich jemandem was erzähle, da ändert sich doch nichts.

00:39:07: Aber letztendlich können wir durch das Gespräch mit anderen oder sogar durch Eigenleistung neue Gedanken generieren.

00:39:14: Indem wir uns anschauen, ist mein Gedanke eigentlich realistisch?

00:39:19: ist der total utropisch und sehr stark ins negative verzerrt.

00:39:23: Das kann man ganz gut machen, wenn man sagt, was wäre denn der bestmögliche Ausgang einer Situation, was wäre der schlechteste Ausgang und was wäre etwas, was so in der Mitte ist und wo?

00:39:33: ich weiß, okay, das ist eigentlich am realistischsten.

00:39:36: Und genauso kann man eigentlich auch mit einer anderen Person ins Gespräch gehen.

00:39:40: Ich glaube, körperliche Betätigung ist auch sehr wichtig für die Resilienzförderung, weil wir sind ja ganz häufig auch im Autopilotenmodus und stehen auf, müssen arbeiten, Pflichtaufgaben erfüllen.

00:39:54: Wir haben ganz viele Rollen in unserem Leben zu erfüllen und da mal durch kleine Sequenzen auszusteigen aus dem Alltag.

00:40:01: Es können Entspannungsübungen sein, Atemübungen, auch eine kurze Sporteinheit.

00:40:06: Das stellt ja für den Organismus ein Time-out dar.

00:40:09: Und meistens macht man die Erfahrung dann, dass man Energie, mehr Energie hat für den weiteren Ablauf des Tages.

00:40:17: Und auch durch so eine kurze Time-out-Phase wieder viel bewusster in den restlichen Tag reingeht.

00:40:24: Also da Stichwort Achtsamkeit, Entspannungsübung, körperliche Bewegung und auch Selbstmitgefühl, glaube ich, ist sehr, sehr wichtig.

00:40:31: Es ist ja so ein Konzept, was manchmal so ein bisschen als Trivial bezeichnet wird.

00:40:35: oder als nicht harter Faktor, der wirklich ... Einflussfaktoren oder Einwirkungen haben kann auf die Resilienz, aber tatsächlich ist es so, wenn ich versuche, eine Connection zu mir selbst aufzubauen durch Achtsamkeit, durch Time-outs, durch Selbstfürsorge, lerne ich mich selbst am besten kennen, sonst kann ich das nicht machen, wenn ich den ganzen Tag beschäftigt bin.

00:40:58: Und wenn ich mich selbst besser kennenlerne, kann ich mein Verhalten viel besser steuern, kann meine Emotionen besser steuern, ich weiß, wie ich reagiere auf Situationen und das führt zu einer Enormen Gelassenheit in vielen Situationen, weil ich dann hier selbst quasi nicht so ausgeliefert bin und so ein Gefühl für mich entwickle.

00:41:16: Und vor allem tut es auch in Krisensituationen gut, selbst mit Gefühlen zu entwickeln für sich selbst, weil man nicht so streng mit sich umgeht.

00:41:24: Und das führt häufig auch dazu, dass man schneller sich von Emotionen, die vielleicht zu Beginn einen Überwältigen distanzieren kann und besser Emotionen regulieren kann.

00:41:34: Also ich merke schon, okay, die Strategien werden auch ... Wie du sagst, es kommt über Reflektion, auch erst mal zu erkennen, Situationen zu erkennen, selbst für Sorge, selbst Liebe, ob nun über auch körperliche Aspekte quasi mit integriert, dass man überhaupt den Zugang dazu bekommt und die eigene Resilienz in dem jeweiligen Kontext verändern kann.

00:41:58: Ja, genau, weil man dann auch weiß, an welchen Punkten brauche ich Ressourcen und muss Ressourcen aufbauen.

00:42:04: Und das kann man ja nur auch entwickeln.

00:42:07: Resilienz hat ja auch viel mit Wohlbefinden zu tun und mit der Art und Weise, wie zufrieden ich auch durchs Leben gehe, wie ich mich selbst und andere sehe und wahrnehme.

00:42:17: Und das kann ich nur, wie du es gesagt hast, indem ich Gefühl für mich selbst entwickle.

00:42:22: Und dann weiß ich auch, wie geht es mir.

00:42:24: So, ich sage ganz häufig im Coaching oder auch, wenn ich Menschen berate.

00:42:30: Ganz simple Strategien.

00:42:33: fragen Sie sich dreimal am Tag, schließen Sie die Augen und fragen Sie sich, wie geht es mir gerade eigentlich?

00:42:38: und nehmen Sie paar Atemzüge.

00:42:40: Allein das führt schon dazu, dass ich kurz mal in mich hineinhorchen kann und überhaupt weiß, was ist heute mit mir los.

00:42:47: Es ist ja ganz häufig so, dass viele so durch den Tag durchpowern und am Ende dann total erschöpft auf der Couch liegen und eigentlich noch gerne was machen wollen, aber ja, keine Kraft, keine Energy mehr dafür haben.

00:43:00: Und deshalb glaube ich, viele Kraftquellen einzubauen, eine generelles Gefühl für sich selbst zu entwickeln und dann Strategien anzuwenden, Dinge mal anders zu tun.

00:43:10: Also, wenn ich immer nur mich zurückziehe in Konflikten, sollte ich vielleicht mal den Weg ausprobieren, mich mehr zu öffnen.

00:43:17: vielleicht offener zu kommunizieren als ein Beispiel.

00:43:20: So einfach meine andere Strategie anzuwenden, weil das ist ja eigentlich auch dieses Flexibel im Denken und Handeln werden.

00:43:28: Wenn ich immer die gleiche Strategie nutze, dann kann ich nicht wissen, wie was anderes wirken würde.

00:43:33: Und das sind eben so Möglichkeiten, um selbst mal zu schauen, wie man seine eigene Resilienz stärken kann oder soziale Unterstützung sich zu holen.

00:43:42: Vielleicht sich auch mal vor einem Problem zu distanzieren oder es anzunehmen.

00:43:46: Also radikale Akzeptanz ist ja auch ein wichtiges Konzept in der Resilienzforschung oder generell in der Psychologie.

00:43:54: Es gibt ja viele Dinge, die können wir nicht ändern.

00:43:56: Und wie gehen wir dann mit diesen Dingen um?

00:43:57: Wir können uns ständig darauf fokussieren, jeden Tag Energie verschwenden, uns ärgern.

00:44:02: Oder wir können sagen, ich nehme es an.

00:44:04: Es ist zwar schwierig, ich bedeutet nicht, dass ich es für gut heiße, aber ich versuche einfach, meine Energie davon abzuziehen und irgendwann Reizt mich vielleicht dieses Thema nicht mehr.

00:44:16: Wenn wir diese Sachen, die du gerade erwähntest, das wird ja schon relativ klar in unserem Gehirn, oder?

00:44:23: Das, was dann die Psyche darstellt, passiert ja dann irgendetwas.

00:44:26: Kannst du uns da noch sagen, was quasi sich verändert?

00:44:29: Also mit der veränderten Fokussierung auf die Themen, beispielsweise die nicht nur, also schon die negativen Gedanken ist, es ist so schrecklich, dass es so und so ist.

00:44:38: Also wenn ich die ganze Zeit meine Gedanken da umkreise, dann statt zu sagen, radikale Akzeptanz, ich nehme das an und finde es immer noch nicht gut, aber kann daraus eine Veränderung erzeugen.

00:44:48: Was passiert im Gehirn dann?

00:44:50: Also, ich entwickle einfach neue Formen mit Situationen umzugehen.

00:44:55: Es entstehen auch neue Lernbahnen, neue Neuronale, sozusagen Mechanismen, die auch Alte... aufsprängen und neue Möglichkeiten mir zur Verfügung stellen, mit Stress umzugehen.

00:45:07: Also ich erfahre ja dann positive Verstärkung, wenn ich sehe, jetzt habe ich was Neues angewandt und irgendwie tut das gut.

00:45:14: Ich komme da weiter, ich produziere positive Emotionen, ich bekomme ein positives Feedback vielleicht auch von meiner Umgebung.

00:45:21: Das führt ja dazu, dass ein Lernprozess angekurbelt wird, der mich auch motiviert, neue Wege auszutesten.

00:45:28: Und deshalb ist es so wichtig eben auch nicht nach einmal zu sagen, ich lasse die Strategie jetzt, wenn sie nicht funktioniert hat, sondern die Übung, also das tägliche Resilienztraining oder das tägliche Auseinandersetzen mit der Stressregulation führt langfristig dazu, dass wir neue, resiliente Reaktionen und Einstellungen entwickeln.

00:45:49: Es ist eigentlich eine Übung, die man tagtäglich machen sollte.

00:45:52: Es ist aber ein Resilienztraining, wird eine Sensibilisierung vielleicht für einen ergeben.

00:45:57: Was gibt es?

00:45:58: Aber letztendlich findet das Training immer Alltag dann statt, dass ich auch sogar bei diesen täglichen Stressoren, die ja viel häufiger auf einen Menschen zukommen, als jetzt große kritische Lebenszeichen, dass ich da immer wieder gucke.

00:46:10: Wenn ich im Staub bin, wie gehe ich damit um?

00:46:12: Wenn ich irgendwie ungeduldig bin und frustriert bin, was kann ich machen?

00:46:16: Im Grunde kann man das täglich trainieren.

00:46:20: Da bilden sich neue Neurone alle Bahnen dadurch, dass ich eben neue Lernprozesse mir aneignen.

00:46:25: Vor allem sprengte ich damit auch alte Glaubenssätze, die vielleicht in mir festgefahren sind, weil ich ja komplett neue Erfahrungen mache.

00:46:33: Wenn ich den gleichen Weg gehe, komme ich nie in den Genuss, neue Erfahrungen zu machen, die mich ja dann auch weiterbilden.

00:46:39: Gibt es denn bei dem Thema Resilienz Grenzen, die man berücksichtigen muss?

00:46:44: Ja, also das ist auch ein Aspekt, der zu Resilienz gehört, seine eigenen Limitationen kennenzulernen.

00:46:50: Also Resilienz bedeutet ja nicht, dass ich dann mit jedem Stress umgehen kann und immer stärker werde und so als Einzelkriegert für die Welt dann gehen kann mit so einem Schutzschild, sondern es bedeutet genau das, was du genannt hast, auch zu wissen, da ist jetzt meine Grenze, mehr kann ich nicht, mehr möchte ich vielleicht auch gar nicht, vielleicht habe keine Kapazitäten, weil ich viele andere Dinge noch machen muss und sich das einzugestehe.

00:47:14: und dann auch rechtzeitig Nein zu sagen oder sich an der Stelle zurückzuziehen, gehört auch auf jeden Fall zu diesem Thema dazu.

00:47:22: Und diese Limitation, die kennen ja auch viele nicht.

00:47:25: Wir haben ja auch das Gefühl, Ich kann das, wenn wir jetzt den Arbeitskontext uns anschauen, weil ich mit vielen zusammen arbeite, die eine hohe Stundenanzahl in der Woche haben.

00:47:35: Die haben dieses Limitationsgefühl nicht.

00:47:37: Bis sie dann beispielsweise wirklich in so eine Schieflage geraten und fast schon Burnout haben, dann lernen die ersten mit ihren eigenen Kapazitäten Haus zu halten.

00:47:48: frühzeitig, prophylaktisch manchmal, nein, zu sagen, um einfach für die restliche Zeit ausreichend Energiereserven zu haben.

00:47:56: Also es ist ein ganz wichtiger Punkt, der dazu gehört.

00:47:59: Wir haben unterschiedliche Kapazitäten, sogar wenn man den Tagesablauf anschaut.

00:48:02: Ich muss wissen, was kann ich mittags leisten?

00:48:05: Wie bin ich nachmittags drauf?

00:48:06: Brauche ich dieses Wochenende vielleicht erst mal Ruhe?

00:48:10: All das gehört eigentlich auch dazu, seinen eigenen Energiehaushalt zu kennen.

00:48:15: mit Blick auf die Uhr.

00:48:16: Ich hätte natürlich noch viele Fragen.

00:48:18: Kommen wir leider schon wieder zum Ende.

00:48:20: Wenn wir einmal zusammenfassen, Themen, die wir besprochen haben, dass Resilienz nicht eine statische Eigenschaft ist, sondern diesen schönen Begriff, den nehm ich jetzt mit, den danke ich dir schonmals nicht dafür, die Flexibilität, ja auch Widerstandsfähigkeit, die logischerweise mit dazugehört, aber eben als Schnittstelle von psychische Beziehungen, Organisationen, gesellschaftlichen Strukturen, politischen Strukturen.

00:48:45: All das fließt quasi mit da rein und das ist eben nicht nur, wenn wir über Resilienz sprechen, rein individuell, sondern etwas auf systemischer Ebene.

00:48:53: Donja, wenn du unseren Zuhörenden jetzt etwas mitgeben würdest oder auch ein Tipp oder vielleicht auch eine Technik, die man direkt anwenden kann, was wäre das, mit dem sich jeder jetzt mal auseinandersetzen

00:49:05: könnte?

00:49:06: Ja, also das eine, was ich immer ganz schön finde, wenn man selbst in einer schwierigen Situation ist, ist, dass das Thema Resilienz zwei sehr gegensätzliche Konzepte, also auf den ersten Blick gegensätzliche Konzepte zusammenbringt, nämlich das eine ist die Verwundbarkeit, aber auch zeitgleich, dass die Chance da drin steckt.

00:49:24: Und jetzt übertragen auf unseren Alltag, wenn jemand sich vielleicht in einer schwierigen Situation befindet, wirklich mal innezuhalten, bevor man direkt wieder in automatisierten Prozessen sich verliert und zu sagen, in was für eine Situation bin ich denn jetzt gerade?

00:49:40: Was kann ich jetzt machen, um mich eher darauf zu fokussieren, welche Möglichkeiten ich habe und so bewusst im Sinne so einer Selbstinstruktion, sich ein bisschen mehr anzuleiten und nicht direkt sich quasi zu verlieren, wie man das vielleicht manchmal macht, wenn man in einer stressvollen Situation ist, sondern im Sinne der Selbstfürsorge und Self-Compassion, Selbstliebe, sich selbst sozusagen an die Hand zu nehmen und so ein bisschen mit kleinen wichtigen resilienten Instruktionen durch die Stressphase zu führen.

00:50:09: Ich glaube, das ist immer ganz gut und das stärkt die Resilienzfähigkeit.

00:50:13: Man kann sich aus der Metaebene vielleicht paar Tipps geben und vor allem sich sagen, dass die Phase meistens zeitlich begrenzt sein wird und es Möglichkeiten gibt, daraus zu gehen.

00:50:24: Super schön.

00:50:24: Ich glaube, das können jetzt alle direkt mit ausprobieren.

00:50:27: Echte Resilienz oder auch Widerstandsfähigkeit bedeutet nicht stärker zu werden, sondern handlungsfähig zu bleiben.

00:50:33: Das ist für mich auch noch ein wichtiges Thema.

00:50:35: Und wer mehr zu diesem sehr spannenden Thema wissen möchte, wir verlinken das hier auch noch mal.

00:50:40: Du hast ein Buch geschrieben, Resilienz, die Kunst der Widerstandskraft.

00:50:45: Du bist Co-Autorin dieses Buches.

00:50:47: Gib uns da noch einen Einblick, worum geht es dabei?

00:50:49: Ja, das ist eigentlich ein ganz interessantes Buch, weil es so ein ganz breites Spektrum bezogen auf das Thema darstellt.

00:50:56: Also was stärkt Resilienz im Sinne von Strategien?

00:51:00: Welche Rolle spielt die Epigenetik?

00:51:02: Wo gibt es Limitation der Resilienz?

00:51:05: Und es gibt so einen ganz guten Gesamtüberblick über das Thema.

00:51:10: Manche Kapitel sind ein bisschen wissenschaftlicher, aber im Gesamten ist es auch für Laien ganz gut verständlich.

00:51:16: Und wenn jemand quasi so das ganze Thema für sich so ein bisschen veränderlichen möchte, dann ist es, glaube ich, eine ganz gute Spur, empfehlenswertes

00:51:24: Buch.

00:51:25: Ich glaube, wenn ich so in das Buch reinschaue, sehe ich noch einige spannende Themen, über die wir reden könnten.

00:51:30: Daniel, ich glaube, wir werden noch mal vielleicht dazu reden, wenn du Lust hast, noch mal vorbeizukommen.

00:51:35: Ich danke dir auf jeden Fall bis hierhin für deine Zeit und deine Expertise und die vielen spannenden Aspekte.

00:51:42: Und ich freue mich auf die nächste Episode.

00:51:44: Unbedingt reinhören und bis zum nächsten

00:51:46: Mal.

00:51:48: Revolutionäre Perspektiven auf Gesundheit und Krankheit.

00:51:53: Paracelsus Lab, der Podcast der Paracelsus Gesundheitsakademie.

00:52:01: Mehr Infos auf paracelsus.de Ein all-ehrer-new, original Podcast.

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